3 FRAGEN AN...

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 3 FRAGEN AN... Jörg Schmitz, kreatives Multitalent und Mitstreiter bei "Designkritisch".

Jörg, Wie kam es zu Deiner Liebe und Freude am Gärtnern? Kennengelernt haben wir uns in Offenbach bzw. in der Mainmetropole Frankfurt. Dort hast Du in einem großstädtischen Umfeld gelebt und gearbeitet, wo es kaum Raum für Gärten gibt.
Für mich sind Garten, Design und Kunst eigentlich eins. Es geht bei allem darum, etwas wachsen zu lassen, den richtigen (Stand-)Ort oder Standpunkt zu finden, zu experimentieren, weiterzuentwickeln - Gestaltung eben! Auch sind allen Disziplinen das meditative Moment, die Konzentration und die Fokussierung gemein. Nach 20 Jahren Berufs- und Designerfahrung sehe ich mit einem Lächeln, wie sehr in der Branche »der Prozess« in den Mittelpunkt gestellt wird. Grund dafür ist die Beeinflussung des Designs durch Digitalisierung, also messbare Softwareroutinen. Dies alles ersetzt für mich jedoch nicht ein originäres Schaffensmoment, das wir nachwievor als »Kreation« bezeichnen. In Zeiten multiplizierbarer »Modelle« kommt der originären Kreation ein neuer Wert zu. Experten halten Design-, Konzept- und Ideenentwicklung für eine der Zukunftsbranchen schlechthin, da sie Fähigkeiten voraussetzen, die nicht unmittelbar multiplizierbar sind - also relativ einzigartig.
Aufmerksamkeit und Zeit sind die wertvollsten Güter unserer Epoche - für gute Momente wie das 7-tägige Yoga-Retreat auf Bali zahlen Menschen mittlerweile Unsummen. Dafür, sich selbst kennenzulernen, ebenfalls. Der Garten ist als Schaffensort ist seit jeher eine Metapher mit hoher Symbolik des geschützten Raums, dem »Hortus conclusus«. Dieses geschützte Umfeld ist Erlebnis und Experimentierfeld, Begehren und Bühne, Natur und Nachahmung. Also im besten Sinne ein Paradies! Und das alles hat begonnen im Schrebergarten meiner Eltern, im Alter von 7 oder 8 Jahren. Mit den Händen in der Erde zu sein, erdet einen neu. Diese Verbindung ist eine sehr intensive. In den letzten 4 Jahren habe ich wahrscheinlich 500 Pflanzen eingepflanzt. Das macht übrigens einen ganz neuen Blick fürs Detail - nicht ganz unwichtig, wie wir Designer wissen...

Als Experte für Typographie beschäftigst Du Dich auch als Künstler mit diesem Sujet. Worin liegt für Dich der Unterschied zwischen künstlerischer Handschrift und der Gestaltung eines Geschäftsberichtes? 
Dazwischen liegen Welten. Grafikdesign für Publikationen ist knallhartes Informationsdesign - eben mit dem Ziel der Informationsübermittlung. In dem Zusammenhang wird gern vom »Design als Dienstleistung« gesprochen. Mein Verständnis von Design war jedoch immer ein künstlerisches. Dafür galt es, »meinen Kanal« zu finden. Ich habe Design studiert, weil ich am ende des Tages etwas Sichtbares, Anfassbares haben wollte, auf das ich gemeinsam mit dem Auftraggeber stolz sein kann. Es gibt durchaus zahlreiche Designaufträge, zum Beispiel im kulturellen Bereich, in dem sich ein künstlerischer Designansatz verwirklichen darf. Wieviel künstlerischer Anteil »sein darf«, entscheidet sich in der Beziehung zum Auftraggeber. Durch (m)ein tiefes Verständnis der Auftraggebermotivation, die ich in mehr als 2 Jahrzehnten regelrecht trainieren konnte, klärt sich recht schnell, ob »es passt«. Diese Passung ist bei einem Designconsultant und »Kreativen« wie mir natürlich bedeutsamer als bei einer Agentur, die einen grossen Kostenapparat füttern muss. Unsere Gesellschaft bewundert schnell reichmachende »Geschäftsmodelle« mehr als die einfühlsame leise Beratung und Begleitung. Für mich macht das mein Tun aber nur noch wertvoller. In gewisser Weise ist es auch ein Luxus, Schrift künstlerisch zu bearbeiten. Im asiatischem Raum ist diese Fähigkeit übrigens hochgeschätzt - beispielsweise in der Kulturform des sogenannten »Sho«. Sho heisst, dass sich der Schreibende in tiefszer Konzentration sammelt, um dann geballte Energie in einem kurzen Schreibmoment auf dem Papier zu entladen. Das ist das, was mich als Künstler interessiert: die ungebremste Geste des Moments. Das ist dann magisch. Solche magischen Momente habe ich im Agenturbereich eher selten erlebt.

Du warst Geschäftsführer einer erfolgreichen Kommunikationsdesignagentur. Vermisst Du die Agenturarbeit oder geniesst Du mehr die Freiheit, Dein eigener Chef zu sein? 
Mein eigener Chef war ich eigentlich immer. Der Erfolg mit meiner Agentur, an der wechselnde Geschäftspartner beteiligt waren, war an eine recht besondere Zeit gebunden: Es war die erste Phase der Digitalisierung des Designs - wir sprechen über die Jahre 1995ff. An der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach habe ich seinerzeit noch bei Professoren studiert, deren Werkzeug Bleisatz und Filzmarker waren. In unserer Agentur, ich spreche eigentlich lieber von einem »Designstudio«, haben wir profitieren können von der fast erotischen Verbindung zwischen Technik und Gestaltung. Das hat uns wie auch unsere damaligen Auftraggeber fasziniert. Eine immense Faszination entstand damals durch die Arbeit für grosse, global tätige Konzerne. Ein Corporate Design für einen Satellitenkonzern oder für Deutschlands wichtigste Börse - das waren grosse Nummern. Zur Zeit des sogenannten »Neuen Marktes« Anfang der 2000er Jahre spielte ausserdem Geld keine Rolle. Wenn Du als Agenturchef dann plötzlich den neuen 5er fährst, Anzüge aus London trägst und mit Vorständen essen gehst, verändert Dich das. Ich habe das damals für Freiheit gehalten - und sehr genossen. Das sehe ich heute anders. Freiheit im Design und Freiheit als Designer heisst für mich heute, mich Themen zu widmen, die gesellschaftlich relevant sind, unsere Zukunft bestimmen, existentiell wichtig sind. Vielleicht ist das schon Altersweisheit, wer weiss...

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Italienischer Designklassiker

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